#Naehen · #Test

🔎 Bernina L460… {Unter die Lupe genommen}

img_63035

Ich hatte es euch ja angekündigt, ich habe aufgerüstet. Meine W6 Overlock ist immer noch beim Doc und keine Ahnung, wielange das noch dauern wird. Jeder Tag ohne Nähen ist ein verlorener Tag. Klingt hart, ist aber so. Nachdem ich in den ansässigen Geschäften hier nicht fündig geworden war, habe ich mich mal mit dem Nähpark* in Verbindung gesetzt. Und Dank der 60-Tage Rückgabemöglichkeit und auch des guten Preises (am besten mal anrufen, sage ich euch ja immer!), habe ich kurzerhand die Bernina L460* bestellt. Zwei Tage später war sie auch schon da. Ja, sie ist jetzt nicht blau (hihi), aber ich denke sie wird sich schon zwischen den beiden anderen Damen Elna und der Pfaff gut eingewöhnen. 😀

🔎 Erster Eindruck – Zubehör

Der Karton war riesig, ich war echt erstaunt. Die Bernina kommt auch mit, für eine Overlock zumindest, relativ viel Zubehör daher: großer Anschiebetisch, Auffangbehälter, Obergreiferabdeckung, Führungsschiene und Kniehebel. Letzteren habe ich gleich erstmal montiert und ausprobiert. Das fetzt wirklich: Knie nach rechts gegen den Hebel drücken und der Nähfuß hebt sich, Kniehebel wieder locker lassen, Nähfuß senkt sich. Coole Sache.

Den Anschiebetisch fand ich irgendwie sperrig. Also ich bin ja eh nicht der Anschiebetisch-Näher, habe auch an der Pfaff keinen dran. An die L460 habe ich ihn kurz dran gesteckt, aber er war mir irgendwie zu wackelig. Man könnte sich damit behelfen, indem man eine Garn-Kone drunter stellt, aber wie gesagt, ich werd ihn wohl kaum nutzen.

Was mir auch gleich positiv ins Auge fiel: öffnet man die rechte Frontklappe, hat man die Möglichkeit alles Werkzeug zu verstauen. Bei der Elna werf ich auch alle immer rein, aber da liegt es halt im Maschinenraum drin rum. In der L460 hat jedes Teil seinen festen Platz, ich liebe es ja aufgeräumt. Außerdem gibts ein Mini-Nadelkissen, um vorrübergehend herausgenommene Nadeln zu verwahren. Ordnung ist das halbe Leben: links hat man auch die Möglichkeit, die ganzen unteren Motorraum zu öffnen, damit man sie schön aussaugen kann. Gut gelöst.

Dann habe ich versucht den Auffangbehälter zu montieren. Ja, keine Ahnung, was sie sich bei der Befestigung gedacht haben, wahrscheinlich nicht viel. Ich habe bestimmt drei Minuten rumgedrückt, geschoben, gewackelt, bis er endlich dran war. Nach fest kommt ab, sage ich dazu nur. Denn ab gings genauso schlecht. Da muss man echt fummeln. Und, was ich auch nicht so bedacht habe, öffnen lässt sich die Klappe mit montiertem Behälter nicht. Da überlegt man sich dann schon dreimal, ob man das ganze Werkzeug, was man regelmässig braucht, wirklich im Maschinenraum lagert. Schlecht gelöst, für meinen Geschmack.

Dafür gabs bei der Bernina ’ne echt coole Pinzette mit rechtwinkliger Spitze dazu, die hat nun ihren Stammplatz am Auffangbehälter bekommen.

🔎 Einfädeln

img_62236

Nun gings Einfädeln. Die Maschine kommt vorgefädelt an, damit man beim ersten Mal anknoten kann. Die ersten Näh-Versuche misslangen, weil sich irgendwas verheddert hatte. Also habe ich alles rausgezogen und neu eingefädelt. Ja, es ist eine Overlock und nein, das macht keinen Spaß. Aber ich muss wirklich sagen: während man bei der W6 sich die Finger brechen musste um den rechten Greifer einzufädeln, gibts bei der Bernina L460 einen kleinen Hebel, die sogenante Untergreifer-Einfädelhilfe, den man nach vorn klappen kann, um leichter an die vorletze Öse zu gelangen.

img_62235

🔎 Nähen und Nahtbild

Als ich das erste Mal das Pedal getreten habe, hab ich echt laut gelacht. Wie krass, wie direkt die Maschine reagiert und wie leise und ruhig eine Overlock sein kann. Sensationell. Ganz ehrlich, das sind Welten zur W6! Sie ist ganz empfindlich, also im positiven Sinne. Man kann ganz langsam, Stich für Stich nähen, aber auch die volle Geschwindigkeit mit 1500 Stichen pro Minute. Dabei ist das Motorgeräusch schon laut, aber sie läuft dennoch ruhig.

Als erstes Mammut-Projekt, wo auch die W6 echt zu kämpfen hatte, testete ich meine Zipfelschlupfmütze: zwei Lagen Bündchen, zwei lagen doppelter, dicker Wollfleece. Also insgesamt 6 Lagen Stoff. Man sieht, dass die L460 gekämpft hat, aber die Naht ist bis auf wenige Hunzer ist deutlich sauberer als die der W6 (die ich euch lieber nicht zeige). Aber das spielt ja hier zum Glück nicht so die Rolle, verschwindet eh im Inneren, kann ich mit leben.

img_1631

Dann habe ich mir ganz dünne Webware (wie nennt man denn so fast seidiges Gewebe?) vorgenommen, natürlich einlagig. Die reißt schon, wenn man sie nur mit etwas zu rauen Fingern anfasst. Die W6 war damals gescheitert beim Säumen und ich habs mit dem Rollsaum-Fuß an der Pfaff probiert. Der Pikotstich mit nur einer Nadel der L460 kann sich sehen lassen – ganz sauber und gleichmässig. Da hilft dann wohl auch die mtc-Fadenkontrolle, damit der Stoff „nicht zusammen gequetscht wird“.

🔎 Was ist das genau? Folgendes sagt das Handbuch der Bernina L460 dazu:

„mtc-Fadenkontrolle – Micro Thread Control

Mit der mtc-Fadenkontrolle kann die Greiferfadenmenge durch ein einfaches Betätigen eines Drehknopfes eingestellt werden. Über die Kante vorstehende Fadenschlingen können auf diese Weise vermieden werden. Es entstehen professionelle Nähte und Kantenabschlüsse mit wenig Aufwand. Bei den meisten Overlock-Modellen wird die Schnittbreite und eine der beiden Greiferspannungen geändert, damit die Stiche schön an der Kante liegen. Mit der einfach zu bedienenden mtc-Fadenkontrolle brauchen keine solchen Mehrfachanpassungen mehr vorgenommen zu werden. […] Mit der mtc-Fadenkontrolle kann die Stichzunge um +/-2 mm verschoben werden und damit unterschiedliche Stoffdicken ausgleichen. Es können so auch Spezialeffekte erzielt werden, indem man die Ober- und Untergreiferfäden an der Stoffschnittkante aufeinander treffen lässt.“

img_63015

An der Frontseite befindet sich ein Drehrad, mit dem man das Messer und damit die Schnittbreite zwischen 3 und 9 mm während des Nähens verändern kann. Empfohlen wird eine Breite von 6mm (siehe kleines schwarzes Dreieck). Die Stichlänge kann zwischen zwischen 0,8 und 4 mm variiert werden.

Zu guter Letzt habe ich noch Feincord mit Futterstoff versäubert, dazwischen eine Lage Häkelband. Ganz saubere, akkurate Stiche.

img_3590

Für besonders elastische 2- oder 3-Faden-Nähte wird eine Obergreiferabdeckung mitgeliefert. Das kleine „Gerät“ mit dem weißen Kopf wird auf den nicht eingefädelten Obergreifer gesteckt, damit bleibt der Faden des Untergreifers am Obergreifer hängen und nur dieser umschlingt den Stoff. Dazu später mal mehr.

img_63021

Mit dem mitgelieferten Standard-Fuß kann man auch Gummiband bis zu einer Breite von 4mm annähen.

img_63023

🔎 Fazit

Was unterscheidet die Bernina L460 von anderen Overlock-Maschinen (also in dem Falle mal zur W6)?
  • Fußpedal: Ein kurzer Tritt mit der Ferse, die Nadel geht runter und stoppt. Ein weiterer Tritt mit der Ferse und die Nadel wechselt in die höchste Position.
  • Absolute Kontrolle über die Geschwindigkeit: Nähen Stich für Stich möglich.
  • Das Messer kann während des Nähens nach links und rechts verändert werden.
  • Stichbreite und Stichlänge sind somit während des Nähens veränderbar.
  • mtc: Eine sinnvolle Ergänzung, um schnell und einfach die Fadenmenge zu regulieren, ohne Fadenspannungen anpassen zu müssen.
  • Kniehebel: Endlich Hände frei zum Nähgut unter den Nähfuß fädeln.
  • Nähfußdruck: Das Drehrad ist mit Werte von XL (Extra Leicht) bis XH für Extra hoch beschriftet.
  • Rollsaumschieber kann ebenfalls während des Nähens zurückgezogen werden, ohne das Gehäuse zu öffnen.

Das sind eine Menge nennenswerte Vorteile gegenüber der W6. Aber das Wichtigste, was sich schlecht in Worte fassen lässt, ist das Nähen an sich. Ich vergleiche Nähmaschinen gern mal mit Autos: die W6 ist dann vielleicht ein VW Polo – ein vernünftiges, robustes Maschinchen, das einen gut von A nach B bringt. Klar, es klappert ein bisschen, hier und da. Aber es geht auch nicht so schnell was kaputt, weil ja auch nicht so viel Elektronik verbaut ist. Aber es macht sein Ding, egal was man einstellt, das Maschinchen robottet. Und die Bernina L460 ist dann vielleicht der Audi Q5. Das ist ein ganz anderes Fahrgefühl, die Technik nimmt dir Entscheidungen ab. Es hört sich anders an, es fühlt sich anders an. Es sieht anders aus, besser, qualitativ hochwertiger, ordentlicher, sauberer. Aber am Ende ist es auch nur ein Auto für ordentlich mehr Geld.

Ich liebe die Bernina und würde sie nicht wieder hergeben. Aber ich habe auch fünf Jahre sehr gern mit der W6 genäht.

* Dieser Blogpost enthält Werbung, aber er spiegelt meine eigene, unabhängige Meinung wider. 

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken